Nachhaltig Geld anlegen ist „in“ – und so wundert es nicht, dass zahlreiche Unternehmen sich selbst einen grünen Anstrich verleihen, um die eigene Attraktivität gegenüber jenem Kundenpotenzial zu steigern, die ein hohes Augenmerk darauf richten, den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen.
Das Problem an diesem „grünen“ Anstrich ist jedoch, dass es sich hierbei nicht selten um „Greenwashing“ handelt. Doch was bedeutet das im Detail? Wie kann man als Anleger ein solches Greenwashing erkennen?
Was ist unter Greenwashing zu verstehen?
Fest steht: Grün ist cool und grün gewinnt in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Doch der Appell an das nachhaltige Gewissen der Menschheit – vor allem initiiert durch die Fridays-for-Future Bewegung von Greta Thunberg und ihren globalen, vor allem jungen Mitstreitern – fördert indirekt ein Verhalten in der Industrie, das eigentlich so nicht auftreten sollte.
Um es beim Namen zu nennen: Greenwashing – oder um es einfacher auszudrücken:
„Wir tun so als ob wir nachhaltig wären, sind es aber eigentlich nicht.“
Schaut man sich die Definition des Wortes „Greenwashing“ im Duden an, so findet sich dort Folgendes:
„Versuch (von Firmen, Institutionen), sich durch Geldspenden für ökologische Projekte, PR-Maßnahmen und weiteren Aktivitäten als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen“
Und da sind Unternehmen durchaus erfindungsreich, wenn es darum geht, sich einen grünen Anstrich zu geben, um so nachhaltig orientierte Kundengruppen als auch Anleger für sich zu gewinnen.
Wie zeigt sich Greenwashing eigentlich?
Dabei stellt sich die durchaus berechtigte Frage, wie man jenes Greenwashing bei Unternehmen eigentlich erkennen kann.
Das Terra Choice Environmental Marketing unterscheidet dabei sieben Formen >>
1.) Übermäßige Herausstellung nachhaltiger Aspekte >> dient vor allem der Kaschierung umweltschädlicher Aspekte bei Produkten und / oder Herstellungsverfahren innerhalb des Unternehmens
2.) Unüberprüfbare Aussagen >> Unternehmen geben entweder keine Belege zu ihren Aussagen oder wählen bewusst Formulierungen, die nicht direkt nachweisbar sind.
3.) Unklare oder mehrdeutige Aussagen
4.) Aussagen, die im betrachteten Kontext nicht von Bedeutung sind.
5.) Betonung der am wenigsten umweltschädlichen Aussage / bewusste Ablenkung von anderen umweltschädlichen Eigenschaften
6.) Bewusste Falsch-Aussagen >> geplante Täuschung von Kunden
7.) Verwendung von nicht anerkannten Labels / Kreation „eigener“, vermeintlich nachhaltiger Labels
Doch auch die starke Nutzung von ungeschützten Begriffen wie „100 % Umweltfreundlich“, „Umweltschonend“, „Biologisch“, „Ökologisch einwandfrei“, „Klimafreundlich“, „Klima-neutral produziert“, „Nachhaltig“ (leider ebenfalls ein rechtlich ungeschützter Begriff!) und weitere können auf Greenwashing hindeuten.
Beispiele für Greenwashing
Doch welche Unternehmen geben sich eigentlich einen solchen „grünen“ Anstrich? Lassen sie uns einen kleinen Blick auf Unternehmen werfen, die mindestens einen oder gar mehrere der vorgenannten Punkte des Greenwashings erfüllen:
Beispiel 1: Starbucks
Coffee2Go ist in – zweifelsohne! Und Starbucks ist mit seinen nicht recycelbaren Coffee2Go Bechern aus Mischkunststoff einer der hauptverantwortlichen Unternehmen der globalen Plastikmüll-Problematik. Auf entsprechende Kritik reagierte das Unternehmen zwar mit entsprechenden Zusagen, sich dieser Thematik anzunehmen und etwas zu ändern, doch passiert ist bis heute? Nichts!
Beispiel? Bereits 2008 versprach Starbucks zukünftig nur noch 100 % recycelbare Kaffeebecher anzubieten. Desweiteren sollte erreicht werden, dass mindestens 25 Prozent aller verkauften Starbucks- Getränke, in wiederverwendbaren Bechern verkauft werden. Ergebnis Stand Dezember 2020: Nicht eines der seitens Starbucks kommunizierten Ziele gilt als erreicht!
Beispiel 2: Nestle
Nestle gilt unter Branchenkennern als Musterbeispiel des Greenwashings. Nur ein Beispiel: Auch Nestlé gehört wie Starbucks zu den hauptverantwortlichen Unternehmen für die Plastikmüll-Problematik. Trotz fortwährender und durchaus massiver Kritik an dem Unternehmen, gibt es bis heute keine klaren Aussagen seitens der Unternehmensleitung, wie die Menge an Einweg-Plastik Verpackungen reduziert wird geschweige denn ein Verzicht hierauf erklärt.
So ließ das Unternehmen lediglich verlautbaren, dass Plastikverpackungen bis zum Jahr 2025 vollumfänglich recycelbar oder wiederverwendbar gemacht werden sollen. Zudem soll in der Produktion der Anteil von recyceltem Plastik erhöht werden. Vage Aussage, denn eine klare Prozentzahl existiert zu dieser Aussage nicht.
Beispiel 3: McDonald’s
Nächstes Beispiel: Nicht genug damit, dass Fastfood an sich nicht gerade das Gesündeste ist, so ist der Inbegriff des FastFood – das Unternehmen MacDonalds – auch ein Musterbeispiel des selbst verpassten „grünen“ Anstrichs.
Dabei ist MacDonalds unter vielen Aspekten hinsichtlich der Nachhaltigkeit ein äußerst problematisches Unternehmen:
Die Fast-Food Kette ist pro Jahr verantwortlich für die Produktion von rund 44.000 Tonnen Rind-, 3.800 Tonnen Geflügel- und 4.200 Tonnen Schweinefleisch und trägt somit für einen massiven CO2-Ausstoß bei.
Zudem gilt auch MacDonalds aufgrund seiner enormen Nutzung von Plastik- / Styrol Verpackungen als problematisch.
Auf Kritik reagierte das Unternehmen bis dato mit folgenden Maßnahmen:
– Änderung des Logos von rot auf „grün“
– Umbau zahlreicher Filialen unter Nutzung von Holz Mobiliar, Wandtapeten mit Wald-Bildern etc. > „grüne“ Restaurant-Atmosphäre
Recycling etc.? Fehlanzeige!
Dies sind nur 3 Beispiele für einen grünen Anstrich von Unternehmen, die so rein gar nichts mit dem Thema Nachhaltigkeit zu tun haben. Und die Liste ließe sich mit bekannten Unternehmen wie BP, RWE , H&M, Coca Cola, Pepsi, Procter & Gamble etc. weiterführen.
Worauf Anleger bei nachhaltigen Investments achten sollten
Wie sich bis hierhin erkennen lässt, äußert sich Greenwashing auf vielfältigste Art und Weise. Und exakt jene Vielfältigkeit macht es sowohl für Verbraucher als auch Anleger schwierig zwischen Greenwashing und tatsächlichen Bemühungen hinsichtlich Umwelt und Nachhaltigkeit von Unternehmen differenzieren zu können.
Die Aufgabe sich im Dickicht von ganz unterschiedlichen nachhaltigen Ansätzen und Terminologien zurecht zu finden, ist schier unlösbar.
Dennoch können zwei Punkte als Orientierung bei der Auswahl nachhaltiger Investments helfen – und zwar: ESG sowie SRI.
1.) ESG steht für Environmental, Social, Governance, also Umweltschutz, soziales Verhalten / faire Arbeitsbedingungen sowie transparente Unternehmensführung.
2.) SRI steht für Socially Responsible Investment (auch: Sustainable Responsible Investment), also nachhaltiges und verantwortungsvolles Anlegen.
Beides international anerkannte Kürzel für Nachhaltige Investments. Desweiteren hat die EU erst kürzlich die sogenannte EU-Taxonomie beschlossen. Diese Taxonomie legt Kriterien für klimaverträgliche Investments fest. Was im Klartext Folgendes bedeutet:
Die EU-Taxonomie bietet Orientierungshilfen für Unternehmen und Finanzierer zur Planung von Maßnahmen, um die CO2-Emissionen bis 2050 europaweit auf Netto-Null zu reduzieren.
Mehr Informationen zur Taxonomie gibt es >> Hier <<
Zu guter Letzt: Es ist immer ratsam, die Aussagen zum Thema Nachhaltigkeit von Unternehmen zu hinterfragen und ganzheitlich zu betrachten – egal ob als Verbraucher oder Investor.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.