Es ist kein Geheimnis, dass Anbieter von Produkten und Dienstleistungen bei der Beschreibung Jener ganz gerne mal allzu tief in die Kiste des Marketing-Sprechs greifen und dabei Übermaßen auf zahlreiche Superlative zurückgreifen. Da ist dann nicht selten zu lesen vom „besten und dem günstigsten Angebot“, dem „innovativsten Service seit…“ oder eben auch vom „größten“ und bis dato „erfolgreichsten“ Anbieter. Für Verbraucher und Konsument alles nichts Neues und oftmals auch erkannt als das, was es tatsächlich ist, nämlich nichts anderes als der Versuch mit eben jenen Superlativen neue Kunden zu gewinnen.
Und was bei Verbrauchsgütern so etwas wie Standard ist, wird eben auch in anderen Bereichen wie der Investment-Szene genutzt. Insbesondere in Branchen wie dem Robo-Advisor-Markt, der bekanntermaßen noch ein recht Junger ist und zahlreiche Bewerber um entsprechend „wenige“ Kunden buhlen.
Mit welchem Erfolg wird sich hier wahrscheinlich erst in ein paar Jahren zeigen. Fakt ist aber, dass auch hier „größte, beste, günstigste, effizienteste, innovativste etc.“ keine Begriffe sind, die selten anzutreffen wären.
Testberichte soll(t)en Marketing-Geschwätz entlarven
Doch wie auch in etablierten Märkten gibt es Medien oder besser: Institutionen, die der Auffassung sind, dass man Angebote gerade aufgrund solcher Titulierungen mal etwas genauer unter die Lupe nehmen sollte. Immerhin geht es ja darum, dass dem Verbraucher klar wird, was tatsächlich hinter diesen Superlativen steckt.
Geboren sind die Testberichte – durchgeführt nach festen Kriterien und Testverfahren, in die Praxis umgesetzt von Experten, die sich nicht nur mit dem Markt an sich auskennen, sondern auch entsprechendes Fachwissen haben und vor allem alles objektiv aus der Sicht eines Verbrauchers betrachten – quasi vom (etwas besser informierten) Verbraucher für den (etwas weniger gut informierten) Verbraucher.
Klingt hervorragend und es ist zweifelsohne belegt, dass solche Testberichte in der Tat Kaufentscheidungen beeinflussen. Derjenige Anbieter also, der in einem Testbericht, die von ihm gewählten Superlativen mit harten Fakten auch tatsächlich im Test belegt, ist somit zweifelsohne empfehlenswert. Sollte man meinen!
Robo-Advisor Testberichte: Objektiv, fair? Zweifel sind angebracht
Aber wer garantiert eigentlich, dass der Testbericht wirklich objektiv ist oder die Testkriterien auch wirklich das widerspiegeln, was die Erwartung an ein, in dem Fall Robo-Advisor Angebot, seitens eines potenziellen Anlegers erfüllt?
Wie ist ein Test zu bewerten, der einen Robo-Advisor, der zwar günstig ist, aber im Vergleich zum Mitbewerb eine unterdurchschnittliche Performance nach Abzug der Kosten abliefert, hier eine Empfehlung ausspricht? Würde man wissentlich ein Investment wagen, wenn aufgrund bisher erzielter Performance trotz Empfehlung aus einem solchen Test, der Kapitalverlust droht?
Oder wenn die Kriterien „Webauftritt“ und „Service“ in einem Test sehr gut abschneiden, aber auch hier Kosten und Rendite eher schlecht ausfallen, dies aber kaum Auswirkung auf das Testergebnis hat? Kann das sein?
Nächstes Beispiel und das ist nun mal bei Robo-Advisorn ein echtes Thema: Ist ein ETF-basierter Anbieter grundsätzlich besser zu bewerten als ein Anbieter, der die Strategie verfolgt ausschliesslich in Einzeltitel und / oder (teurere) aktiv gemanagte Fonds zu investieren? Und dies sogar damit begründen kann, eine außerordentlich gute Performance (Rendite) zu liefern?
Und um die „Absurdität“ solcher Massenvergleiche in einer absoluten Spitze zu verdeutlichen: Unterstellen wir einmal, dass ein jeder Anleger, der sein vorhandenes Kapital einem Robo-Advisor anvertraut, die Erwartungshaltung hat, dass der Robo-Advisor gemäß seiner kommunizierten Expertise im Investment-Sektor, durch geschicktes investieren jenes Kapital mehrt, stellt das Thema Rendite somit einen Schwerpunkt des Interesses dar.
Woraus sich schlussfolgern ließe, dass die Bewertung der bisher erzielten Rendite durchaus eine hohe Bedeutung bei der Entscheidungsfindung hat. Und vielleicht sogar noch vor allen anderen Kriterien wie Mindestanlagesumme, Sparplan, Service, Kosten, Anlagestrategie etc. hat.
Wie kann man dann das Kriterium Rendite aus einem Test komplett ausklammern? Das erschließt sich Ihnen nicht? Zugegeben – uns auch nicht.
Und doch zeigen die zahlreichen Testberichte zur hiesigen Roboadvisor-Szene, die in den letzten Wochen in angesehenen Magazinen und Finanzplattformen erschienen sind, dass sie letztendlich den ursprünglichen Anspruch, nämlich dem Anleger eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe geben zu wollen, letztendlich bei fairer Betrachtung alles andere als gerecht.
Im Gegenteil: Sie stiften mehr Verwirrung als Orientierung. Und in einem gerade vom deutschen Anleger kritisch beäugten Investment-Markt ist dies alles andere als dienlich – weder dem Verbraucher noch den Anbietern.
Mögliche Folge „unsinniger“ Testberichte? Die Verweigerung seitens der Robo-Advisor
Denn Jene, die in Testberichten bei den „weichen“ Kriterien wie Webauftritt, Service, Mindestanlagesumme gut abschneiden, sind beim Thema Rendite eher Durschnitt bis hin zu katastrophal. Und diejenigen Anbieter, die zwar über ein weniger modernen Webauftritt und den einen oder anderen Mangel beim Thema Kosten, Service etc. vorweisen, aber den Anleger bis dato mit hervorragenden Renditen für das Vertrauen in die Investment-Kompetenz belohnten, werden „abgestraft“. Ist das fair geschweige denn offen, ehrlich, objektiv?
Hierzu mag sich jeder gern ein eigenes Bild schaffen. Und letztendlich wird diese mangelnde Objektivität nur dazu führen, dass sich immer mehr Anbieter solcher Tests verweigern werden (sofern denn möglich).
„Wir werden bei Tests, wo die Kosten ganz klar an erster Stelle stehen, nicht mehr teilnehmen“, so Frank Huttel. „Für uns steht seit Beginn vor knapp drei Jahren die Nachhaltigkeit ebenso wie die Wertentwicklung an erster Stelle. Daran werden wir auch zukünftig mit Leidenschaft für unsere Kunden arbeiten!“
Übrigens: Kontaktiert man die Verfasser solcher Testberichte, um das eigene Ergebnis zu besprechen oder zumindest mal zu hinterfragen, wird einem nicht selten der „ausführliche Testbericht“ zum Kauf angeboten. So könne man die Details des Tests erfahren. Mal eine Gegenfrage: Sollte es nicht so sein, dass man den Robo-Advisor Anbietern die Details des Tests kostenlos zur Verfügung stellt?
Ein Schelm, wer also in dieser Vorgehensweise, eine gewisse „Strategie“ vermutet….
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.