Green Finance – Grün anlegen und mit dem eigenen Kapital gezielten Einfluss auf nachhaltige Entwicklungen bei den Unternehmen ausüben, denen das eigene Kapital durch den Kauf von Aktien und / oder Anleihen zur Verfügung gestellt wurde. Genau das ist das erklärte Ziel der Politik, um so den notwendigen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit in der globalen Wirtschaft zu forcieren.
So beispielsweise beim Umwelt-Thema Nummer eins, dem Klimawandel. Hier sollen durch entsprechend mit den Kriterien der Nachhaltigkeit behaftete Finanzierungsinstrumente im besten Falle zu einer Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen beitragen, sodass Anlegerinnen und Anleger wortwörtlich reinen Gewissens investieren können. Anleger sollen also zukünftig am Markt existente Anlage-Instrumente nicht mehr nur nach den klassischen Kriterien wie Rendite und Risiko auswählen, sondern eben auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.
Und der Markt für solch nachhaltige Anlageprodukte hat sich in den letzten 3 Jahren in einem immensen Tempo entwickelt. Kaum eine Fondsgesellschaft, die nicht solch nachhaltigen Anlage-Instrumente im Portfolio hat. Das Gleiche gilt für die zahlreichen Vermögensverwaltungen, die auf den Trend des „nachhaltigen Investierens“ durch „Entwicklung“ entsprechender Anlagestrategien aufgesprungen sind und damit entsprechendes Anleger-Klientel adressieren.
Wer als privater Anleger also sein grünes Gewissen beim Thema Geldanlage befriedigen möchte, kann dies durch die Nutzung „grüner“ Portfoliostrategien oder aber durch den Erwerb „nachhaltiger“ börsengehandelter Fonds (ETFs) tun. All diesen Möglichkeiten gemein ist, dass sie als sogenannte „ESG“ (Environmental, Social, Governance)“ gelabelte Produkte den Eindruck vermitteln auch wirklich nachhaltig zu sein.
Fragt man Anleger, die ESG gelabelte Anlage-Instrumente im Portfolio haben, nach deren Glauben an eine real-wirtschaftliche Wirkung ihrer Investments, so antworten 8 von 10 Anlegern hierauf mit einem klaren „Ja“ – wenn man den zahlreichen Umfragen und Markt-Analysen zu diesem Thema Glauben schenkt.
Reale Verwendung von „grünem“ Kapital kann kaum beeinflusst werden
Der von der EU oft kommunizierte „Green Deal“ oder die etwas weiter gefasste „Green Finance“ nimmt also Fahrt auf und funktioniert wie geplant. Oder? Nicht ganz, denn zahlreiche Experten äußern hieran gewisse Zweifel. Denn nach deren Auffassung, ist das, was die Investmentwelt als auch die EU als eben „Green Finance“ bezeichnet und verkauft, eher eine Art Illusion darstellt. Eine Illusion, die sich gut verkaufen lässt, aber eben bei Weitem nicht den Effekt hat, den so manch ein Anleger im Kopf hat. Um dies zu verdeutlichen, macht es Sinn, einen genaueren Blick auf die mittels Investments in Aktien- und / oder Anleihenkauf mit ESG Merkmal zugeführten Kapitalströme zu werfen.
Die Erwartungshaltung von Anlegern, die einem, unter dem Aspekt einer nachhaltigen Nutzung, entsprechendes Kapital zur Verfügung gestellt haben, ist die, dass so beispielsweise in eine neue nachhaltige Produktionsanlage, der Nutzung umweltfreundlicher Energie etc. investiert wird. Anleger müssen also davon ausgehen können, dass mit ihrer finanziellen Hilfe entsprechende Vorhaben in dem Unternehmen umgesetzt wurden. Sollte auch so sein, ist aber eben oftmals eben nicht. Denn letztendlich obliegt es dem Unternehmen, wie dieses Geld letztendlich verwendet werden. Beispielsweise in Firmen-interne Projekte, die eben nicht ESG Kriterien entsprechen.
Im Klartext? Eine genaue Zuordnung von Anlegerkapital und Investitionsprojekt ist in einem ursächlichen Zusammenhang nicht möglich.
Das Fazit zum Begriff „Green Finance“
„Green Finance“ und das muss in aller Deutlichkeit unterstrichen werden, stellt in der Form wie er aktuell sowohl von Unternehmen als auch zahlreichen Markt-Teilnehmern innerhalb der Investment-Branche verwendet wird, eine gewisse Irreführung von potenziellen Anlegern dar. Dies bedeutet nicht, dass nachhaltige Geldanlage-Angebote an sich unsinnig sind oder von Anlegern gemieden werden sollten.
Im Gegenteil – wer nachhaltig investiert trägt auf vielerlei Art und Weise zum Wandel der Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit bei. Man muss sich als Anleger aber eben auch bewusst sein, dass diese Investitionen nicht immer zu 100 % so verwendet werden, wie man es sich vielleicht wünscht. Denn die Entscheidungen der Unternehmensleitung über Produktionstechniken und Investitionen des Unternehmens in Maschinen und Anlagen hängen kaum von einer bestimmten Finanzierungsquelle ab.
Dennoch sollte man als Anleger die Macht von Investitionskapital nicht unterschätzen, worauf Frank Huttel als Leiter von Vividam hinweist:
„Um wirklich Dinge zum Positiven zu ändern, muss der Anleger – in der Regel die Fondsgesellschaft – mit dem Unternehmen in den Dialog treten. Dies geht über die aktive Wahrnehmung der Stimmrechte und das Erheben der Stimme auf Hauptversammlungen oder durch das sogenannte „Engagement“. Nur durch diesen Dialog und Druck kann das Unternehmen und deren Produkte und Dienstleistungen verbessert oder geändert werden.“
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.