Unbestritten ist, dass das Thema Nachhaltigkeit mehr und mehr Einzug in unseren Alltag als auch in die globale Wirtschaft findet. Auch wenn dies aktuell durch den Ukraine-Krieg und die nun dadurch hervorgerufene Energiekrise den Eindruck einer Abkehr erwecken kann. Doch ungeachtet dessen, bleibt auf mittlere und lange Sicht hin, das Thema Nachhaltigkeit eins der Kernthemen unserer Zeit.
Dabei steht vor allem die folgende Frage im Zentrum aller Diskussionen:
„Nachhaltigkeit in allem, was wir tun?“
Eine Frage, die Stand heute wohl mit einem deutlichen „Ja“ beantwortet werden kann, denn angesichts der Aufmerksamkeit, die der globalen Erwärmung und der Umweltverschmutzung jeglicher Art – von der Luftqualität bis zur Nutzung der Wasserressourcen – gewidmet wird, ist es nur logisch, dass die Menschen bei ihren Entscheidungen über ihr eigenes Leben darauf achten, wie sich diese Dinge später auf uns alle auswirken, auch auf die Umwelt!
Und doch hat das Thema Nachhaltigkeit in einem Lebensbereich noch keine absolute Priorität bei Verbrauchern, und zwar beim Thema Geldanlage. Nachhaltiges investieren scheint bei vielen Menschen nach wie vor eher ein gedankliches „Stiefkind“ zu sein. Zumindest kann dies als Ergebnis einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey anlässlich der Änderung der Delegiertenverordnungen zur IDD-Richtlinie zum 2. August festgestellt werden.
Furcht vor Klimawandel sorgt nicht für ein besseres Verständnis nachhaltiger Geldanlagen
Dabei scheint die deutsche Bevölkerung das Thema Nachhaltigkeit ernst zu nehmen. Und da diese Sorge um die Nachhaltigkeit in Deutschland zunimmt, ist es kein Wunder, dass jeder zweite Bürger Angst vor dem Klimawandel hat.
- 74% der befragten Bürger geben an, dass sie sich Sorgen um die Umweltverschmutzung machen
- 69% der Befragten äußern sich besorgt über die globale Erwärmung (GfK 2021)
- 51%, also knapp zwei Drittel, vertreten die Meinung, dass ihr eigenes Verhalten zur Lösung dieser Probleme beitragen, kann
Woraus man nun, vor allem aus der letztgenannten Zahl, eigentlich schließen könnte, dass die Verbraucher eine Chance, etwas ändern zu können, auch in einem Investment in nachhaltige Geldanlagen sehen. Doch weit gefehlt.
Nachhaltigkeit im Alltag ja, beim Thema Finanzen nachrangig
Denn die aktuelle Civey Studie, zu der 2503 Bürger befragt wurden, beweist, dass die deutschen Verbraucher nicht so umweltbewusst sind, wenn es um ihre Finanzen geht, was sich in Zahlen ausgedrückt, wie folgt darstellt:
- Nur 5,5 Prozent der Menschen in Deutschland legen bei der Geldanlage Wert auf Nachhaltigkeit.
Als wichtigste Bereiche werden hingegen der Alltag (55 Prozent), Energieverbrauch im Haushalt (45 Prozent) und Ernährung (38 Prozent) genannt.
Erkenntnis? Die Bedeutung, die die Menschen mit lediglich 5,5 % nachhaltigen Aspekten bei der Geldanlage beimessen, ist im Vergleich zu anderen Faktoren wie dem täglichen Leben. Fragen des Energieverbrauchs zu Hause oder der Ernährung unbedeutend.
Nachhaltige Geldanlagen – viel zu tun für die Finanzbranche
Nun mag man sich fragen, warum nachhaltige Geldanlagen nach wie vor bei den meisten Menschen können höheren Stellenwert genießen? Liegt es an einer mangelnden Kenntnis entsprechender Angebote? Fehlt das Vertrauen in entsprechende Anbieter und deren Produkte? Gerade letzterer Punkt könnte, ob der letzten Greenwashing Skandale bei renommierten Fondsanbietern wie der DWS durchaus eine Rolle spielen.
Fakt ist aber eben auch, was die neuerliche Civey Studie nun zeigt, dass bei den Verbrauchern selbst ein Riesenlücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht. Dabei zeit sich vor allem beim Thema Klimawandel gerade in diesem Sommer (Wassermangel, Hitzewellen, Gletscher-Abbrüche etc.) wie wichtig ethische, ökologische und soziale Aspekte auch bei der Geldanlage sind.
Dies den Kunden zu vermitteln, wird die erste Aufgabe der Finanzbranche in den nächsten Monaten und Jahren sein müssen. Es muss das vordringliche Ziel sein, den Verbrauchern und Anlegern in der gesamten Nutzung entsprechender Kommunikationsmöglichkeiten ein neues Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltiger Investments zu schaffen. Und der Zeitpunkt genau dies in die Praxis umzusetzen, ist geschaffen.
Delegiertenverordnungen zur IDD-Richtlinie „zwingt“ zum Handeln
Die Zeit, sich mit Nachhaltigkeit und entsprechenden Finanzangeboten zu beschäftigen, ist günstig: Mit der jüngsten Änderung der Delegierten Verordnungen durch die IDD-Richtlinie am 2. August gewinnt das Thema nachhaltige Geldanlagen weiter an Bedeutung. Und zwar in der Form als das Finanzberater im Rahmen des Eignungsprozesses Nachhaltigkeitspräferenzen bei ihren Kunden abfragen und Nachhaltigkeitsrisiken bei Entscheidungsprozessen berücksichtigen müssen.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.