Gesteigertes öffentliches Interesse kann durchaus positive Effekte haben, was sich in den letzten Jahren vor allem beim Thema Nachhaltige Geldanlagen gezeigt hat. Immer mehr Verbraucher und potenzielle Anleger wollten und wollen bis dato mir ihrem Kapital „etwas Gutes“ tun und damit einen Beitrag hin zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Und die Fondsbranche hat diesen Ruf dieser potenziellen Kunden sehr schnell aufgegriffen und sich mit ihren Investmentangeboten entsprechend aufgestellt. Schließlich wollen und sollen die „neuen“ Ansprüche der Kunden ja bestmöglich bedient werden.
Gefördert wurde dies dann auch durch zahlreiche Neu-Regelungen der gesetzgebenden Seite, um die Bürger als auch die Wirtschaft stärker in Richtung „Green Deal“ etc. zu „treiben“. Der Effekt war, das innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Fonds mit dem Kürzel „ESG“, dem „Symbol Nummer 1“ eines nachhaltigen Geldanlage-Produktes, versehen und zudem neue, sogenannte ESG Fonds auf den Markt gebracht wurden.
Nachhaltige Geldanlagen – ein „Boom“ Geschäft
Und das Geschäft lief und läuft bis dato ziemlich gut. Der Fondsabsatz bei ESG-gelabelten Finanzprodukten steigt seit mehreren Jahren kontinuierlich an. Doch es mehrten sich auch jene Stimmen, die zunehmend Zweifel daran hatten, das zahlreiche ESG gelabelte Fonds, eben nicht das sind, was sie versprechen zu sein – nämlich nachhaltig. Schnell wurde der Begriff des „Greenwashings“ in den Raum geworfen. Das Fatale daran? Die Kritik an den Praktiken der Fondsgesellschaften kam sogar teilweise aus den eigenen Reihen.
Und es rief die Gruppe der Verbraucher- als auch Anlegerschützer auf den Plan, sich den Fondsmarkt unter diesem Aspekt mal etwas genauer anzusehen. Mit Folgen, denn plötzlich sahen sich große Fondsgesellschaften, wie beispielsweise die DWS nicht nur mit dem generellen Vorwurf des umfassenden Greenwashing konfrontiert, sondern in Folge eben auch mit staatsanwaltlichen Ermittlungen.
Was sich mittlerweile für zahlreiche Fondsanbieter, die sich mit dem Vorwurf des Greenwashings an den öffentlichen Pranger gestellt sahen, zu einem echten Geschäftsrisiko entwickelt zu haben scheint, denn die Fondsanbieter reagieren – und zwar mit einer fast massenhaften Herabstufung zahlreicher Fonds aus dem eigenen Angebot.
Und das Ganze, um nicht weiteren öffentlichen Staub aufzuwirbeln, an so mancher Stelle durchaus still und heimlich, denn entsprechende Mitteilungen zu diesen Herabstufungen sind nicht allzu leicht aufzufinden. Und wenn doch, dann bei Weitem nicht in dem Stil, in dem jene Fondsanbieter in der Regel positive Nachrichten aus ihren Reihen „verbreiten“.
Branche reagiert auf Greenwashing Vorwürfe mit Herabstufungen betroffener Fonds
So haben in den letzten Wochen Fondsanbieter wie die DEKA, die bereits erwähnte und bislang am stärksten in der Kritik stehende DWS als auch Blackrock und Amundi zahlreiche, ihrer vormals „sehr“ grünen Fonds auf nur noch „leicht“ grünen Fonds herabgestuft. Mit dem Ziel sich selbst so aus der Schusslinie der Greenwashing Vorwürfe seitens der Verbraucherschützer zu nehmen. Was das nun bedeutet?
„Besonders grüne“ Produkte fallen unter „Artikel neun“ der EU-Verordnung für nachhaltige Geldanlagen, die ausschließlich in nachhaltige Unternehmen beziehungsweise Anlageprodukte investieren dürfen. Die weniger ehrgeizigen Fonds fallen hierbei unter Artikel acht. Wer als Anleger in entsprechender Artikel 9 Fonds investierte und glaubte damit wirklich und in bestmöglicher Art und Weise sein Kapital grün anzulegen, sieht sich nun, sofern sein Fonds herabgestuft wurde, mit der Realität konfrontiert, einem offensichtlich „grün gewaschenen“ Anlageprodukt aufgesessen zu sein.
Und laut einer Analyse von Morningstar sind von dieser Herabstufung nicht gerade wenige Fonds betroffen. So wurden laut der Ratingagentur allein im dritten Quartal 2022 rund 41 Fonds auf diese Weise herabgestuft. Und das ein Ende der Herabstufungen bevorsteht, zweifeln zu Recht zahlreiche Marktexperten an.
Wie groß ist der Vertrauensverlust auf Seiten der Anleger?
Doch das eigentlich Fatale daran ist, dass diese Herabstufungen, das Vertrauen der Anleger in die Fondsbranche an sich als auch in deren Produkte, die als „nachhaltige Geldanlagen“ angeboten und verkauft wurden, erschüttert. Viele Anleger dürften sich zweifelsohne Gedanken dahingehend machen, ob die Fondsbranche generell gewillt ist, einen ehrlichen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit durch offene und transparente Kommunikation als auch Angebotskonstruktion zu leisten. Entsprechende Aussagen aus den Führungsetagen von DEKA; DWS etc. gibt es – doch die gab es auch vor den zahlreichen „kleineren; aber im Summe doch umfassenden Greenwashing Vorwürfen.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.