Es ist mal wieder soweit: Die EU-Kommission arbeitet erneut an einer Reform der Offenlegungsverordnung (SFDR), um die Transparenz und Glaubwürdigkeit im Markt für nachhaltige Finanzprodukte zu stärken. Diese Änderungen sollen Anlegern, nach Aussage von EU Kommissions-Vertretern helfen, noch „fundiertere“ Entscheidungen zu treffen. Zudem soll diese geplante Reform nochmals das Vertrauen in nachhaltige Investitionen erhöhen. Ob dies mit einer erneuten Reform erreicht werden kann – darüber mag ein Jeder für sich selbst entscheiden. Doch zurück zum eigentlichen Thema.
Die Europäische Union (EU) hat angekündigt, die Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) umfassend zu überarbeiten. Die geplanten Änderungen zielen darauf ab, die Transparenz im Finanzsektor zu erhöhen und vor allem Greenwashing bestmöglich zu verhindern. Dadurch sollen nachhaltige Investitionen gefördert und die Glaubwürdigkeit des Marktes nochmals deutlich gestärkt werden.
Einführung eines Kategorisierungssystems
Zu den wesentlichen Änderungen gehört die Einführung eines klaren Kategorisierungssystems für nachhaltig investierende Finanzprodukte. Dieses System soll es Anlegern erleichtern, nachhaltige Produkte zu identifizieren und zu vergleichen. Die Finanzprodukte werden in verschiedene Kategorien eingeteilt, basierend auf ihren Nachhaltigkeitszielen und -strategien. Dies hilft den Anlegern, besser zu verstehen, welche Produkte tatsächlich nachhaltige Kriterien erfüllen.
Definitionen und Mindestanforderungen für Artikel 8 und 9
Die neuen Regelungen sehen präzisere Definitionen und Mindestanforderungen für Artikel 8 und 9 der Verordnung vor. Artikel 8 bezieht sich auf Finanzprodukte, die ökologische und/oder soziale Merkmale bewerben, während Artikel 9 Finanzprodukte umfasst, die nachhaltige Investitionen als Ziel haben. Die Änderungen sollen sicherstellen, dass alle als nachhaltig beworbenen Produkte tatsächlich strenge Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Dies verhindert, dass Finanzprodukte als nachhaltig beworben werden, ohne dass sie tatsächlich nachhaltige Investitionen sind.
Offenlegungspflichten für Treibhausgasemissionen
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Offenlegungspflichten für Finanzprodukte, die das Ziel haben, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Anbieter dieser Produkte müssen künftig detailliertere Informationen darüber bereitstellen, wie sie dieses Ziel erreichen wollen und in welchem Zeitraum. Diese Informationen umfassen konkrete Maßnahmen, die ergriffen werden, um Emissionen zu reduzieren, sowie die zeitlichen Rahmenbedingungen für die Erreichung dieser Ziele. Dies soll sicherstellen, dass die Investoren genau wissen, wie ihre Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen.
Verbesserte Produkt-Templates
Die Produkt-Templates für vorvertragliche Informationen sollen überarbeitet werden, um mehr Klarheit und Vergleichbarkeit zu schaffen. Diese Mustervorlagen sollen standardisierte Informationen zu den Nachhaltigkeitsmerkmalen und -strategien der Finanzprodukte enthalten. Dadurch wird es für Anleger einfacher, die verschiedenen Produkte zu vergleichen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Die verbesserten Templates sollen auch dazu beitragen, die Transparenz im Markt für nachhaltige Finanzprodukte zu erhöhen.
Warum sind die Änderungen notwendig?
Die Notwendigkeit dieser Reform ergibt sich aus der aktuellen Komplexität der Offenlegungsverordnung, die es Anlegern schwer macht, nachhaltige Finanzprodukte richtig zu bewerten. Die bestehenden Regelungen tragen nicht ausreichend dazu bei, Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen zu lenken. Durch die Reform soll die Verordnung effektiver und benutzerfreundlicher gestaltet werden, um die Transparenz im Finanzsektor zu erhöhen und das Vertrauen der Anleger in nachhaltige Finanzprodukte zu stärken.
Auswirkungen auf die Finanzwirtschaft
Die geplanten Änderungen werden voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf die Finanzwirtschaft haben:
- Erhöhte Transparenz und Vertrauen: Durch die detaillierteren Offenlegungspflichten werden Anleger besser informiert und können fundiertere Entscheidungen treffen. Dies kann das Vertrauen in nachhaltige Finanzprodukte stärken und die Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen fördern.
- Mehr Arbeit für Finanzdienstleister: Die neuen Offenlegungspflichten bedeuten zusätzliche Anforderungen an Finanzdienstleister, die ihre Prozesse und Berichterstattung anpassen müssen. Dies kann zu höheren Kosten und einem erhöhten administrativen Aufwand führen.
- Vermeidung von Greenwashing: Die strengeren Offenlegungspflichten und die präziseren Definitionen sollen sicherstellen, dass nur wirklich nachhaltige Finanzprodukte als solche beworben werden können. Dies kann dazu beitragen, Greenwashing zu verhindern und die Glaubwürdigkeit des Marktes zu erhöhen.
- Anpassung der Produkt-Templates: Die Überarbeitung der Mustervorlagen für vorvertragliche Informationen (Product-Templates) wird mehr Klarheit und Vergleichbarkeit schaffen, was es Anlegern erleichtert, nachhaltige Finanzprodukte zu bewerten.
- Förderung nachhaltiger Investitionen: Durch die erhöhte Transparenz und die bessere Information der Anleger wird die Kapitalflüsse in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten gefördert.
Einführung von Nachhaltigkeitskennzahlen
Die neuen Regelungen beinhalten auch die Einführung von spezifischen Nachhaltigkeitskennzahlen, die Finanzmarktteilnehmer und -berater verwenden müssen, um die Nachhaltigkeitsleistung ihrer Produkte zu bewerten und offenzulegen. Diese Kennzahlen sollen standardisiert und vergleichbar sein, um eine konsistente Bewertung der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten zu ermöglichen. Beispiele für solche Kennzahlen sind CO2-Emissionen, Wasserverbrauch, Abfallmanagement und soziale Indikatoren wie Diversität und Arbeitsbedingungen.
Integration von ESG-Risiken
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Reform ist die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG-Risiken) in die Anlageentscheidungsprozesse von Finanzmarktteilnehmern. Dies bedeutet, dass Finanzdienstleister verpflichtet sind, ESG-Risiken bei der Auswahl und Verwaltung ihrer Anlagen zu berücksichtigen und offenzulegen, wie diese Risiken in ihren Investmentprozessen integriert werden. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, dass ESG-Risiken systematisch in die Finanzmärkte einfließen und besser gemanagt werden.
Stärkung der Rolle der Aufsichtsbehörden
Die geplanten Änderungen sehen auch eine Stärkung der Rolle der nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden vor. Diese sollen sicherstellen, dass die neuen Offenlegungspflichten und Nachhaltigkeitsanforderungen von Finanzmarktteilnehmern und -beratern eingehalten werden. Die Aufsichtsbehörden erhalten zusätzliche Befugnisse und Ressourcen, um die Einhaltung der Verordnung zu überwachen und bei Verstößen angemessene Sanktionen zu verhängen.
Abschließendes Fazit
Die geplanten Änderungen der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) stellen einen wichtigen Schritt zur Förderung nachhaltiger Investitionen dar. Durch die erhöhte Transparenz und die besseren Informationen für Anleger wird das Vertrauen in den Markt für nachhaltige Finanzprodukte gestärkt. Langfristig können diese Reformen dazu beitragen, die Finanzwirtschaft nachhaltiger und transparenter zu gestalten und somit positive Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft zu haben.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.