„Grün investieren und so einen Beitrag zu einer besseren Zukunft leisten“ – mit dieser Aussage oder zumindest ähnlich Lautenden werben seit geraumer Zeit die zahlreichen Anbieter von Fonds als auch Banken und Sparkassen um die finanzielle Gunst potenzieller Anleger. Anlegern, die auch in Anbetracht der Sorge um die Zukunft der eigenen Kinder verstanden haben, dass sie mit dem Kapital, das Ihnen für ein Investment zur Verfügung steht, tatsächlich etwas bewirken können.
Ein Verständnis, das wiederum darauf beruht, dass die Anbieter von nachhaltigen Geldanlage-Produkten eben auch versprechen, dass das Ihnen zufließende Kapital auch tatsächlich nachhaltig investiert wird. In Unternehmen, die die sogenannten ESG Kriterien erfüllen, und bestenfalls sogar ein sogenannter „Impact“, also positiver Effekt erzielt wird. Klingt alles hervorragend, oder? Ist es aber leider nicht.
Nachhaltige Geldanlagen sind nicht immer zu 100 % nachhaltig
Denn und das ist eben das, was mal wohl eine bittere Erkenntnis nennen muss, viele der grünen Investmentangebote sind nur halb so grün, wie sie präsentiert werden – wenn überhaupt. Denn bei genauerer Betrachtung fördern diese Produkte, zumeist in Form entsprechender Fonds keinesfalls den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit von und in Unternehmen.
Doch Unternehmen sind auf die Kapitalmärkte als Finanzierungsquellen angewiesen und diese Märkte werden nun mal aus den finanziellen Zuwendungen zahlreicher Anleger entweder direkt in Form von Aktienkäufen oder aber Investmentgesellschaften in Form von Fonds finanziert. Um welche Summen es sich hierbei handelt, zeigt hier ein etwas genauerer Blick auf die finanziellen Zuflüsse, die allein aus dem Bereich „nachhaltiger Investments“ stammen.
Fakt ist, dass noch nie so viel Geld, immerhin fast 2 Billionen Euro für Nachhaltigkeitszwecke an den Kapitalmärkten eingesammelt wurde, wie allein in diesem Jahr. Und das ist zweifelsohne ein „Geldkuchen“ von dem sich wohl so ziemlich jedes Unternehmen ein gehöriges Stückchen abschneiden möchte. Nur sollte man sich als Anleger einfach mal fragen, wie grün, also nachhaltig so manches Investment-Angebot tatsächlich ist! Oder aber eben auch, ob mit einem vermeintlich nachhaltigen Investment auch tatsächlich ein nachhaltiger Effekt, also ein nachvollziehbarer Beitrag zum Umweltschutz erreicht werden konnte?
“Grün investieren“ in Atomkraft?
Nehmen wir hierzu einfach mal ein Beispiel zur Verdeutlichung der Problematik: Wer beispielsweise ein Investment in Unternehmen ausschließen möchte, die im Bereich der Atom-Energie tätig sind, sollte sich Fonds, in denen sich Aktien von französischen Energie-Unternehmen befinden, etwas genauer ansehen – auch dann, wenn sich laut der Fondsbeschreibung darin rein „nachhaltige“ Unternehmen befinden. Denn die Crux liegt in der Feststellung, ob Atom-Energie umweltfreundlich ist oder nicht. Und genau darin unterscheiden sich beispielsweise die Auffassungen der deutschen als auch französischen Regierung deutlich.
Während in Deutschland die Atom-Energie NICHT als nachhaltige Energiequelle klassifiziert ist, sieht das in Frankreich genau umgekehrt aus. Dort gelten Energie-Unternehmen auch dann als nachhaltig, wenn der Strom, den sie produzieren und vertreiben aus Atomkraftwerken stammt. Und solche Beispiele finden sich bei entsprechender Recherche zuhauf.
Besteht die Gefahr einer Nachhaltigkeitsblase?
Dennoch: Befeuert durch Bewegungen wie FridaysforFuture und selbst für Laien erkennbaren Folgen von Umweltverschmutzung, Klimawandel und Co. steigt die Nachfrage in Bezug auf nachhaltige Investment-Angebote. Und so wundert es nicht, dass große Fondsgesellschaften wie Allianz GI, Fidelity, DWS, Blackrock etc. ihre Fonds-Portfolios immer stärker in Richtung Nachhaltigkeit (also ESG konform) ausrichten, um eben jene steigende Nachfrage auch bestmöglich bedienen zu können. Und die steigende Nachfrage lässt den Wert jener Fonds geradezu explodieren.
Und wohin „explodierende“ Wert letztendlich führen, dürfte den meisten Anlegern mit Blick auf die globale Krise 2008, die auf einem explorierenden Häusermarkt basiert, noch gut in Erinnerung sein. Die Frage ist also, ob sich hier gerade auch so etwas wie eine „Nachhaltigkeits-Blase“ auftut? Die Gefahr besteht zweifelsohne, denn wenn aufgrund von Kapitalzuflüssen aus Kreisen überwiegend unerfahrener und vor allem unkritischen Anleger der Wertzuwachs von „Pseudo“ -Nachhaltigkeitsfonds befeuert wird, ist es nur eine Frage der Zeit.
Was fatal wäre, denn wenn aufgrund eines „Platzens einer Nachhaltigkeitsblase“ Millionen von Anlegern ihr Kapital verlieren, wäre dies ein erneuter Vertrauensverlust, den die Branche über Jahre hinweg spüren würde. Es würde ein generelles Misstrauen entstehen, unter dem dann vor allem jene Fonds leiden würden, die belegbar klimafreundlich etc. investieren.
Übrigens: Zum Thema Greenwashing etc. findet sich hier eine interessante Studie >> Greenwashing im großen Stil
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.