Wer die hiesige Szene der Robo-Advisor Anbieter aufmerksam verfolgt, dem dürfte vor allem in den letzten Monaten eins aufgefallen sein: Zahlreiche Robo-Advisor Anbieter haben den Markt für nachhaltige Geldanlagen für sich entdeckt.
Waren es Anfang 2019 lediglich einige wenige Anbieter, die sich mit einem entsprechenden Angebot dem interessierten Anleger präsentierten, so ist die Zahl Jener vor allem in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Sei es, dass der Branchenprimus Scalable Capital sein Angebot dahingehend erweitert hat oder aber zuletzt fintego als Roboadvisor der FNZ Bank.
„Grün“ ist in – zweifelsohne und das ist durchaus gut so. Vorausgesetzt, dass das, was dem Anleger als nachhaltige Geldanlage verkauft wird, auch wirklich als nachhaltig bewertet werden kann. Und genau daran darf, so hart es ist, durchaus gezweifelt werden. Das fängt im Grundsatz bei der Wahl des Anlageinstruments an, denn das Gros der neuen nachhaltigen Anlagestrategien wird seitens deren Anbieter mit ETFs umgesetzt.
Und genau hierin liegt ein wesentlicher Kritikpunkt! Warum? Schauen wir uns das Thema einmal unter der Fragestellung
„Wie grün können ETFs sein?“
An. Doch bevor wir den Versuch unternehmen, die Frage zu beantworten, lassen sie uns einen kleinen Exkurs dahingehend starten, was denn ein ETF überhaupt ist.
Was ist ein ETF?
Als Exchange Traded Funds, kurz ETFs, werden an der Börse handelbare Fonds bezeichnet, die einen ihm zugrunde liegenden Index nachbilden. Womit deutlich wird, dass die Wertentwicklung eines ETFs fast immer der des abgebildeten Index entspricht.
Bedeutet also, dass wenn der Index steigt, auch der Wert des ihn abbildenden ETFs steigt. Dies gilt somit auch im umgekehrten Szenario bei fallenden Kursen. Da diese ETFs also ähnlich wie der zugrundeliegende Index performen, werden ETFs auch als Indexfonds bezeichnet.
Trend-Produkt nachhaltige ETFs
Und jenen ETFs eilt der Ruf voraus, sehr transparent und kostengünstig zu sein, was durchaus der Wahrheit entspricht und wohl die wesentlichsten Gründe sind, warum sich das Anlageinstrument ETF seit Jahren einer stetig wachsenden Beliebtheit erfreut. Da war es nur eine Frage der Zeit, wann die Investment-Branche den Trend „ETF“ mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ verbindet.
Das Versprechen? Die perfekte Kombination aus allen ersichtlichen Vorteilen eines ETFs an sich als auch eines, mittels ETF umgesetzten Investments, welches auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit beruht.
Der Haken an der Sache: Was gilt eigentlich als „nachhaltig“? Nach welchen Kriterien kann ein „grüner ETF“ auch als solcher bewertet werden?
Die Antwort? Im Grunde gar nicht, denn so etwas wie übergreifende Kriterien oder gar gesetzlichen Vorgaben für grüne und nachhaltige ETFs gibt es einfach nicht – weder in Deutschland noch europaweit.
Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch sagen, dass das auch für „aktive“ Fonds gilt. Dies ist ein Grund, warum ab dem 10. März 2021 in einem ersten Schritt die Offenlegungsverordnung eingeführt wurde.
Die Erkenntnis hieraus? Welche börsen-notierten Unternehmen in solch einem „grün“ bzw. nachhaltig gelabelten ETF landen, ist also im Grunde abhängig davon, was der Indexanbieter des zugrundeliegenden ETF als nachhaltige Anlagekriterien definiert. Was bedeutet, das „grün und nachhaltig“ auf dem Papier noch lange nicht dasselbe in der Praxis bedeutet, wie wir gleich sehen werden.
Generell gibt es eine Vielfalt an Implementierungsmöglichkeiten von Nachhaltigkeitskriterien in Indizes und man kann sich im Dschungel der Begrifflichkeiten schon einmal verirren. Und die Anzahl von ETFs wächst stetig. Gemäss der Datenbank Trackinsight gibt es derzeit mehr als 800 „ESG ETFs“.
ESG, ESG Screened, SRI, Low Carbon etc. – Garantien für wirklich nachhaltige ETFs?
Nun mag so manch ein Anleger sicherlich dahingehend argumentieren, dass es eben doch zahlreiche ETFs gibt, die den Kriterien von Nachhaltigkeit entsprechen – sei es denn, dass die den ESG Kriterien oder dem Prinzip des SRI (Social Responsible Investment) folgen. Hinzu kommt dann noch – quasi als Zusatzvermerk – „Low Carbon“ für das Thema CO2 etc. Also doch alles „grün“?
Denn man sollte sich nicht von Namen und Bezeichnungen blenden lassen. Wer sich die Zusammenstellung der ETFs etwas genauer anschaut, eine Mühe, die man sich bei einem wirklich gewollten grünen Investment tatsächlich machen sollte, wird nicht selten auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
So kommt es bei dem einen oder anderen nachhaltigen ETF durchaus schon einmal vor, dass sich dort Unternehmen finden, die z.B. fossile Energieträger wie Öl, Gas oder Kohle fördern oder im Bereich der Atomkraft aktiv sind. Woraus sich dann die durchaus berechtigte Frage ergibt, wie solche Unternehmen Einzug in einen nachhaltigen ETF finden konnten?
Die Antwort hierauf liegt im sogenannten „Best-in-Class Prinzip“ und das dann, wie bereits anfangs erwähnt mit individuell gestalteten Ausschlusskriterien seitens des Emittenten.
Nachhaltige ETF und das Problem des „Best-in-Class“
Um es zu verdeutlichen: Ein ETF kann einen kompletten Index spiegeln, muss es aber nicht. Das ist zum Beispiel bei synthetischen ETFs der Fall, die den Index nicht vollkommen replizieren, also abbilden. Es wird lediglich die Wertentwicklung geliefert. Darauf wollen wir aber nicht im Detail eingehen.
Aber was bedeutet „Best-In-Class“? Der Emittent legt fest, dass lediglich die nachhaltigsten 50% Einzug in den neuen Index finden. Nur macht das den neuen Index und den darauf basierten ETF nicht wirklich nachhaltig. Denn es bedeutet, dass immer noch Aktien aus dem Bereich Energie (Öl, Kohle), Tabak, Alkohol oder Rüstung im Portfolio sind – eben die „Besten“ dieser Branchen.
Hinzu kommt dann noch die Möglichkeit für den Emittenten den Best-in-Class Ansatz relativ frei zu interpretieren, das heisst den Prozentsatz relativ frei gestalten zu können. Sie nehmen einige Emittenten nur die „besten“ 50 % in den Index. All das ist abhängig davon, wie weit ich vom konventionellen Ursprungsindex abweichen möchte.
Etwas besser sind da schon die ESG Screened Indizes, da hier einige Branchen oder Geschäftsfelder wie z.B. Waffen ausgeschlossen sind.
Aber Vorsicht:. Selbst wenn ein ETF mit dem Merkmal „ex Weapons“ ausgezeichnet ist, ist dies auch hier nicht zwingend damit verbunden, dass sich in dem ETF keine Waffenhersteller befinden. Es können sich hier immer noch in einem vom Emittenten festgelegten Toleranzrahmen von beispielsweise 30 % entsprechende Firmen im ETF tummeln. Man denke hier an Flugzeugbauer.
Um die Thematik an einem Beispiel zu zeigen, ziehen wir den wohl bekanntesten Index, den MSCI World Index, heran. Der konventionelle Index bestand am 31. März 2021 aus 1.586 Werten aus 23 Industrieländern. Die größten Positionen sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Dass Technologie dominiert, ist hinlänglich bekannt. Der ESG Score liegt bei 6,1 Punkten.
Quelle: MSCI World Index
Dieser Index ist die Grundlage, auf der die nachhaltigen Indizes basieren. Betrachten wir nun den MSCI World ESG Universal. Dieser Index eliminiert gerade einmal 39 Aktien und besteht aus 1.547 Werten. Die Gewichtung weicht vom „Parent Index“ teils deutlich ab. Der ESG Score liegt bei 6,7 Punkten.
Quelle: MSCI World ESG Universal Index
Ob eine Facebook oder eine Nestlé nachhaltig ist, muss dem Leser überlassen sein. Wir haben da unsere Probleme. Es zeigt sich auch in dem „B“ Rating bei Facebook.
Der MSCI World ESG Leaders hat nur noch 720 Titel und weicht damit schon deutlich vom „Original“ ab. Der ESG Score liegt bei 7,2 Punkten.
Quelle: MSCI World ESG Leaders Index
Die Abweichungen zum Ursprungsindex sind schon recht deutlich und Facebook und Nestlè sind nicht mehr in den Top 10 bzw. nicht mehr enthalten. Aber auch in diesem Index sind noch 2% Energietitel enthalten.
Abschließend zeigen wir noch den MSCI World SRI Index. Dieser hat einen ESG Score von 7,9 Punkten und beinhaltet nur 363 Titel.
Quelle: MSCI World SRI Index
Auffällig ist hier eine extreme Gewichtung in der Aktie von Microsoft mit 12,24%.
Aber auch der MSCI World Low Carbon Target Index unterscheidet sich nur wenig von den zuvor aufgeführten Indizes.
Quelle: MSCI World Low Carbon Target Index
Fazit zum Thema „grüne“ ETFs
Gerade bei einem Trend-Produkt, die nachhaltige ETFs momentan zweifelsohne darstellen, sollten Anleger mehr als zweimal hinschauen. Vor allem dann, wenn wirklich die Strategie einer nachhaltigen Geldanlage bestmöglich in die Praxis umgesetzt werden soll. Schauen sie sich die einzelnen Positionen in den ETFs genauer an und entscheiden, sie dann, ob der gewählte ETF mit Ihren nachhaltigen Anlagezielen vereinbar ist oder nicht.
In vielen ETFs sind fossile Energieträge wie Öl oder Kohle enthalten. Gerade Kohle als der Klimakiller wird kaum in ETFs ausgeschlossen, wie dieser Artikel in der Englischen FT (Financial Times) vor einigen Tagen anprangert. Nur 3% der von Reclaim Finance untersuchten Asset Manager haben Ausschluss-Policies für Kohle. Obwohl viele sich zum Pariser Klimaziel bekennen oder sich der Net-Zero Alliance angeschlossen haben.
Und „last but not least“ fehlt ETFs eine ganz wichtige Eigenschaft: Da ETFs passive Indexprodukte sind, können die Indexprovider bzw. ETF-Anbieter kein aktives „Engagement“ betreiben, das heißt mit den Unternehmen in den Dialog gehen und Verbesserungen fordern.
Ihnen fehlt das Druckmittel, im Zweifel die Aktien zu verkaufen – also Divestment zu betreiben. Das können und machen aktive nachhaltige Fonds in der Regel, und oft mit großem Erfolg.
Das Fazit zum Thema „grüne“ ETFs
ETFs sind zwar günstig, aber im Zweifel nur hellgrün. Lassen Sie es besser mit den ETFs und investieren ihr Geld in unseren wirklich nachhaltigen Robo-Advisor vividam. Hier bekommen Sie ein breit diversifiziertes Portfolio ohne Klumpenrisiken in Technologiewerten und investieren in die Lösungsanbieter von morgen, die selten in ETFs enthalten sind.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.