Nachhaltige Investments – mit steigendem Interesse an grünen Kapitalanlagen und den damit einhergehenden Aussichten auf attraktive Renditen, nimmt auch die Verwirrung im Labyrinth der Begrifflichkeiten besonders bei Klein- und Privatanlegern stetig zu: Nachhaltiges Investieren, SRI, ESG, grüne Fonds…
Parallel zu den Anlagemöglichkeiten und Investment-Instrumenten in diesem Bereich gestaltet sich auch, die sie umgebende Terminologie zusehends differenzierter. Dadurch aber eben auch komplexer. Hier den Überblick zu behalten, fällt vielen privaten Investoren schwer.
Auch Experten tun sich zunehmend schwer damit, klare Definitionen und Abgrenzungen zu schaffen, um das Konzept nachhaltiger Investments zu beschreiben. Oft werden Begriffe synonym verwendet. Das macht das Ganze für Anlegerinnen und Anleger zu einem wahren Minenfeld.
Die Verwendung unterschiedlicher Beschreibungen und Zuordnungen je nachdem, mit wem man spricht, kann für den Durchschnitts-Investor sehr verwirrend sein. Im Idealfall werden Labels und Zuschreibungen möglichst vermieden. Das ist aber gar nicht immer möglich.
Klassifizierungen nachhaltiger Investments
Eine der Klassifikationen nachhaltiger Investments, die weltweit den meisten Definitionen und Konzepten zugrunde liegt, ist die von der Global Sustainable Investment Alliance (GSIA) entwickelte Klassifizierung.
Deren Methodik unterteilt diesen Investment-Bereich in 7 Teildefinitionen:
- Negativ-Screening nach dem Ausschlussverfahren
- Positiv-Screening nach dem Best in Class Prinzip
- Normen-basiertes Screening
- ESG-Integration
- nachhaltig ausgerichtetes Investieren
- gesellschaftlich wirkungsorientiertes Investieren (Impact Investing)
- Unternehmens- und Teilhaber-Engagement
Aber was bedeutet das jeweils für sich genommen und wie wirkt es sich auf Investments aus, die nach diesen Leitlinien ausgesucht werden?
Was ist negatives und positives Screening?
Die zwei einfachsten Formen nachhaltigen Investierens sind, gemäß dieser Klassifizierung, das negative bzw. ausschließende Screening und und das positive bzw. Best in Class Screening:
- Beim negativen Screening werden bestimmte Sektoren, Unternehmen und Praktiken, die spezielle ESG-Kriterien nicht erfüllen, bei der Gestaltung eines Fonds ausgeschlossen – beispielsweise investieren bestimmte Fonds nicht in Tabak, Pharma oder Waffen.
- Positives Screening bedeutet das Investieren in Sektoren, Projekte oder Konzerne, deren ESG-Kompatibilität im Vergleich zur Konkurrenz im gleichen Bereich positiv aus- und auffällt. Ein Beispiel wäre die Nutzung sauberer Energieressourcen.
- Von Normen-basiertem Screening spricht man, wenn ein Investment-Manager, Investments auf Ihre Konformität und Übereinstimmung mit internationalen Normen und Standards, wie beispielsweise den UN PRIs (Prinzipien verantwortungsvollen Investierens der UN), hin überprüft.
In den Anfangsjahren lag der Fokus beim ethischen Investment vor allem auf dem Negativ-Screening, wodurch Fonds alles ausschlossen, was zumindest einen fragwürdigen Ruf hatte (Tabak, Alkohol, Glücksspiel). Diese Herangehensweise hat sich zuletzt immer mehr im Sinne eines positiven Screenings gewandelt, weil der bloße Ausschluss bestimmter Sektoren nicht die gewünschte Rendite erzielt.
Das Positiv-Screening besonders für schnell wachsende Märkte zeigt sich als die vielversprechendere Herangehensweise. Viele Nachhaltigkeitsfonds versuchen heutzutage, positiv auf die Unternehmen und Industrien einzuwirken, in die sie investieren – etwa, indem sie die Macht der Aktionäre und Teilhaber für sich nutzen, über die die Unternehmenspolitik und das ESG-Reporting verbessert werden kann.
Nachhaltige Investments und die Bedeutung der ESG Integration
ESG ist einer der am weitesten verbreiteten Begriffe der Branche. ESG steht für Investments, die unter umweltverträglichen (environmental), sozialen (social) und verantwortungsbewussten Gesichtspunkten bei der (Unternehmens- oder Regierungs-) Leitung, zusammengestellt und ausgewählt werden.
Bei dieser Form von Klassifizierung werden von Investment-Managern systematisch Faktoren der Umwelt- und Sozialverträglichkeit in die Finanzanalyse integriert. Der Begriff „ESG“ wird oft synonym zu SRI (socially responsible investing, also sozialverantwortliches Investieren) gebraucht.
Am Besten versteht man diese beiden Definitionen als Überbegriffe, mit denen man eine generell Werte-basierte und Werte-orientierte Anlagestrategie beschreiben kann.
Was ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Investment?
Thematisch ausgerichtete Investments, über die Anleger in erneuerbare Energien, grüne Technologien oder nachhaltige Landwirtschaft investieren können, fallen in die Kategorie nachhaltig ausgerichteter Investitionen. Im Sinne dieser Klassifizieren zählen nicht alle ESG-Fonds zum nachhaltigen Investment.
Man kann etwa das Ausschlussverfahren auf Basis von ESG-Kriterien anwenden, das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass ein solcher Investmentfonds nachhaltig ist. Die Konzernauswahl kann etwa ausschließlich auf Basis ethischer Grundsätze erfolgt sein, nicht auf Basis von CO2-Neutralität und ähnlichen, die Nachhaltigkeit betreffenden Kriterien.
Was heißt wirkungsorientiertes Investment?
Das im Nachhaltigkeitskontext als Impact Investing bezeichnete wirkungsorientierte Investment zielt darauf ab, messbare soziale und umweltrelevante Effekte zu generieren. Die Idee dahinter ist, Investments nicht nur gemäß ESG-Kriterien zu screenen, sondern mit gezielten Geldanlagen Gesellschafts- und Umweltprobleme auch zu lösen.
So gibt es Investmentfonds, die unter dem Claim positiver Veränderungen gezielt in Konzerne investieren, die sich der Lösung sozialer und ökologischer Herausforderungen (zum Beispiel Inklusion und Bildung, Natur- und Ressourcenschutz, Gesundheitswesen und Lebensqualität, die Verbesserung der Lebensbedingungen von einkommensschwachen Menschen, u.v.m.) verschrieben haben.
Was versteht man unter grünem Investment?
In den letzten Jahren hat eine beachtliche Zahl Unternehmen grüne oder ökologische Fonds herausgegeben. Die sind mitunter sehr individuell gestaltet und können viele andere Facetten nachhaltigen Investierens beinhalten. Auf das Grundprinzip herunter gebrochen, jedoch, bedeuten grünes, nachhaltige Investments vor allem Geldanlagen in den Umweltschutz.
Dazu können Bereiche zählen wie CO2-neutrale Stromgewinnung, Energieeffizienz, Klimawandel, erneuerbare Energien, Schadstoffbekämpfung, Recycling, Wasserqualitätssicherung, usw. Viele solcher Fonds sind monothematisch, konzentrieren sich also nur auf einen der genannten Aspekte – etwa, indem sie spezifisch die Entwicklung der E-Mobilität im Transportwesen fördern.
Wie können Investments Verantwortung übernehmen?
Von Unternehmens- und Teilhaber-Engagement geprägte nachhaltige Investments gehen Hand in Hand mit Anlagen im Sinne positiver Veränderungen. Bei solchen Investitionen übernehmen die Emittenten und die Aktionäre aktiv Verantwortung. Darum bieten sich solche Investments eher in Form aktiv gemanagter Fonds anstatt in passiver Form, etwa durch ETFs, an. Denn dann haben die Investoren die Möglichkeit, ihre Rechte als Aktionäre aktiv auszuüben und den Weg für mehr unternehmerische Nachhaltigkeit zu ebnen.
Nachhaltige Investments – die Erfolgsbilanz
Auch der Budget-schwächste Privatinvestor legt sein Geld nicht zum schieren Vergnügen an. Natürlich will jeder, dass nicht nur der Planet und die Wirtschaft etwas davon haben, sondern auch man selbst von seinem nachhaltigen Investment profitiert. Und obwohl immer mehr Investment-Manager die ESG-Konformität ihrer Investments berücksichtigen, ist und bleibt die Performance solcher Nachhaltigkeitsfonds eine der größten Sorgen der Anleger.
Oftmals ist der Gedanke, die Beschränkung auf den Nachhaltigkeits-Aspekt könnte der Rendite schaden. Die bisherige Erfahrung zeigt jedoch, dass das nicht der Fall ist. Eher das Gegenteil. Wer sein Portfolio mit dem Schwerpunkt auf nachhaltige Investments zusammenstellt oder gar ausschließlich auf nachhaltige Investment-Instrumente setzt, kann dessen Rendite-Entwicklung positiv beeinflussen. Aber natürlich müssen Anleger auch einen entsprechend erfahrenen und fähigen Fondsmanager, sowie einen hochwertigen Fonds finden, wenn sie ein nachhaltiges Investment auswählen.
In der Branche gelten ESG-Index-basierte Portfolios sogar als insgesamt krisensicherer als traditionelle Portfolio-Mixes, weil ESG-indizierte Unternehmen nicht so stark unter negativen Marktentwicklungen zu leiden scheinen. Konzerne mit hohen ESG-Ratings gelten als die sichereren Investments, als 3 Mal weniger so anfällig für Krisen und Verluste und nicht zuletzt auch als resilienter; verkraften eventuelle Abschwünge also besser und können sie besser abfedern.
Diese Widerstandsfähigkeit zeichnet sich in Untersuchungen immer wieder ab und ergibt auch global betrachtet ein sehr einheitliches, reproduzierbares Bild. Der Wechsel von einem traditionellen Portfolio zu einem ESG-Portfolio ist ein bisschen, wie der Einbau eines Airbags ins Auto.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.