Nachhaltigkeit und Nachhaltige Geldanlage ist dank der stark in den Vordergrund geratenen Diskussion hinsichtlich des Klimawandels und dessen Auswirkungen dem Nischen-Dasein entkommen und stellt für immer mehr Anleger eine ernst zunehmende Alternative zu herkömmlichen Investments dar.
Einer der sich mit dem Thema Nachhaltige Investments und der Gruppe nachhaltiger Investoren unter wissenschaftlichen Aspekten beschäftigt, ist Professor Doktor Klein von der Universität Kassel.
Grund für uns, Herr Professor Doktor Klein im Rahmen eines Interviews darum zu bitten, einen kleinen Einblick in seine Forschungen und bis dato gewonnenen Erkenntnisse als auch Meinungen zu aktuellen Themen zu gewähren.
Das Interview zum Thema Nachhaltige Geldanlagen etc. / Professor Doktor Klein – Uni Kassel
Herr Prof. Dr. Klein, Sie forschen an der Uni Kassel zum Thema Nachhaltigkeit und Impact Investing. An was forschen Sie derzeit?
Wir haben momentan zwei Schwerpunkte: Wir beschäftigen uns mit der Zukunft des Beratungsgesprächs. Sehr bald werden die Kundenberater mit ihren Kunden über Nachhaltigkeit reden müssen – sehr spannend. Hier haben wir mehrere Projekte, wir sehen uns an, welche Konsequenzen das haben wird.
Vor allem aber beschäftigen wir uns mit dem Thema Impact: Was bewirken Nachhaltige Geldanlagen eigentlich, wie messe ich einen „Impact“, etc. Das ist aus meiner Sicht die vielleicht dringendste Frage im Moment. Hier geht es ja beispielsweise auch das Thema Verbraucherschutz: Ich halte die Gefahr eines „Impact Washings“ für sehr real.
Sie sind Mitglied der „Wissenschaftsplattform Sustainable Finance“, die die Bundesregierung berät. Können Sie uns einen Einblick in die Arbeit geben?
Die Wissenschaftsplattform ist ein Kooperationsnetzwerk aus fünf deutschen Forschungseinrichtungen, die seit vielen Jahren intensiv zum Thema Sustainable Finance forschen. Wir wollen bei der Beantwortung zentraler gesellschaftlicher, politischer und privatwirtschaftlicher Fragestellungen helfen und die Diskussionen wissenschaftlich unterstützen. Politikberatung ist hier ein großes Thema.
Sind Sie mit dem beschlossenen Konjunkturpaket zufrieden?
Naja, Gott sei Dank gibt es keine Abwrackprämie auf Verbrennungsmotoren. Das wäre nicht nur ein völlig falsches Signal gewesen, ich hätte hier tatsächlich die Gefahr gesehen, dass wir den Grundstein für die nächste Krise legen.
Viel spannender ist aber, nach welchen Kriterien auf europäischer Ebene das viele Geld verteilt werden wird. Hier bereiten Herr Kollege Edenhofer, Kai Lessmann, Marco Wilkens und ich gerade einen Vorschlag für die EU vor.
Die EU-Taxonomie ist momentan in aller Munde. Wie ist der aktuelle Stand? Was fehlt Ihnen und was müsste noch kommen?
Für mich ist die Taxonomie ein „Game-Changer“. Das ist der richtige Ansatz, wie Finanzströme umgeleitet werden können, um unsere Wirtschaft auf die Konsequenzen des Klimawandels vorzubereiten. Natürlich fehlen noch die Taxonomien für andere Nachhaltigkeitszielen. Aber die EU-Kommission macht hier gerade einen wirklich guten Job.
Haben Sie eine Meinung zu nachhaltigen ETFs? Können diese einen Impact haben?
Das ist eine sehr gute Frage. Und sie ist nicht trivial. Genau solche Dinge untersuchen wir gerade. Ich erzähle Ihnen gerne mehr, wenn wir belastbare Ergebnisse haben. Immer mehr kleinere, spezialisierte Rating-Agenturen werden übernommen. Wie stehen Sie dazu? Was halten Sie generell von ESG Ratings?
Ohne ESG-Ratings ist die Erstellung von Nachhaltigen Geldanlagen kaum möglich, deshalb sind sie sehr wichtig. Aber es ist schwer, Nachhaltigkeit objektiv zu messen. Ich persönlich finde es sehr schade, dass es momentan so aussieht, also würde es bald keine deutsche unabhängige Nachhaltigkeits-Ratingagentur mehr geben.
Was muss passieren, dass Privatanleger noch mehr in nachhaltige Produkte investieren? Gem. FNG sind die Wachstumsraten hoch, aber die Basis immer noch sehr niedrig.
Aus unserer Forschung wissen wir, dass es sehr einfach sein könnte: Die Kundenberater müssten ihren Kunden diese Produkte nur aktiv anbieten und mit ihnen darüber reden. Das Interesse ist da und es ist groß. Aber seltsamerweise fragen die Kunden nicht danach. Ich rechne damit, dass mit der Umsetzung der neuen Regulierung wir massive Wachstumszahlen im Bereich nachhaltiger Geldanlagen sehen werden.
Sehen Sie große Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der Geldanlage?
Oh ja: Frauen können Risiken viel besser einschätzen als Männer, und das ist bei der Geldanlage extrem wichtig. Deshalb sollten viel mehr Frauen beispielsweise im Portfoliomanagement oder im Risikomanagement arbeiten. Ich habe mir sagen lassen, dass das Hauptproblem ist, dass sich nicht genug Frauen auf diese Jobs bewerben. Ich hoffe für uns alle, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Herr Professor Doktor Klein – wir danken vielmals für das Interview.
Zur Person
Herr Professor Doktor Klein leitet seit 2013 den Fachbereich „Nachhaltige Finanzwirtschaft“ an der Universität Kassel. Prof. Klein und sein Team konzentrieren sich in ihrer Forschung insbesondere auf das Anlageverhalten nachhaltiger Investoren, Eigenschaften nachhaltiger Geldanlagen sowie die Auswirkungen von Nachhaltigkeit auf den Kapitalmarkt und damit verbundene Rahmenbedingungen.
Zudem ist Professor Doktor Klein in beratender Tätigkeit für die Deutsche Bundesregierung im Bereich Nachhaltigkeit tätig.
Das Fachgebiet Nachhaltige Finanzwirtschaft der Universität Kassel ist eines der wenigen Fachgebiete der deutschen Universitätslandschaft, das seinen Forschungsschwerpunkt auf den Bereich der nachhaltigen Finanzwirtschaft legt.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.